Wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser aktuell bayernweites Top-Thema

Kosten-Erlös-Schere geht deutschlandweit immer weiter auseinander / Schwierige wirtschaftliche Lage auch vor Ort / „Bund muss handeln“

Die wirtschaftliche Situation der Kliniken am Goldenen Steig gGmbH war ein Top-Thema in der Kreistagssitzung vom Montag und wichtig für alle Mitglieder des Kreistags, die Verwaltung des Landratsamtes sowie die Verantwortlichen der Kliniken. Denn: Der Landkreis leistet als alleiniger Träger der Kliniken am Goldenen Steig gGmbH einen wesentlichen und zuverlässigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung der Region. Die flächendeckende Versorgung wird durch die stationären Krankenhäuser in Freyung und Grafenau, sowie durch ambulante Angebote der Facharztzentren in Freyung, Grafenau sowie am Gesundheitszentrum Waldkirchen maßgeblich sichergestellt.

„Wir haben als Landkreis, gemeinsam mit den Kreistagsmitgliedern und den Verantwortlichen der Kliniken, eine besondere Verantwortung. Die flächendeckende medizinische Versorgung in der Region ist von ganz besonderer Bedeutung. Wir wollen auch weiterhin die bestmögliche Grund- und Regelversorgung unter kommunaler Trägerschaft für die Bevölkerung gewährleisten“, unterstreicht Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender Sebastian Gruber. Im Kreistag besteht darüber Konsens. Zudem sind die Kliniken mit aktuell rund 1.200 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber in der Region und somit nicht nur ein medizinischer, sondern auch ein sozialer Anker. Generell ist die Krankenhauslandschaft im Freistaat Bayern geprägt von kommunalen Trägern, in erster Linie durch die Landkreise. Dazu muss man wissen: Über 60 Prozent der 400 Krankenhäuser in Bayern sind in öffentlicher Trägerschaft.

Die aktuellen Reformpläne des Bundesgesundheitsministers bringen erhebliche, zusätzliche Unsicherheiten in die Krankenhauslandschaft. Nicht nur regional in Freyung-Grafenau, sondern bayern- und bundesweit. Neben den Vorschlägen zur Krankenhausreform auf Bundesebene spitzt sich aber die aktuelle Situation der Krankenhäuser aufgrund der immer weiter auseinandergehenden Schere von Kosten und Erlösen erheblich zu. Und das obwohl die Landkreis-Kliniken in den vergangenen Jahren ihre Hausaufgaben vor Ort erledigt haben. Dadurch konnte eine gute medizinische, aber auch wirtschaftliche Entwicklung verzeichnet werden.

„In den letzten drei Jahren, nämlich 2020, 2021 und 2022, haben wir unter schwierigen und komplexen Rahmenbedingungen hochwertige Medizin angeboten und dabei schwarze Zahlen geschrieben“, so Kliniken-Geschäftsführer Marcus Plaschke. 2023 wird das allerdings nicht mehr so sein. Das ging aus der präsentierten Hochrechnung für 2023 hervor (siehe Übersicht unten). In Bayern steht man damit nicht alleine da, denn laut Bayerischer Krankenhausgesellschaft erhöht sich das Defizit aller Krankenhäuser in Bayern rechnerisch pro Stunde aus der Kosten-Erlös-Entwicklung um ca. - 100.000 Euro (Stand: 23.10.2023). Die sog. Defizit-Uhr der Bayerischen Krankenhausgesellschaft weist aktuell ein Defizit in Höhe von sage und schreibe - 1.246.900.354 Euro aus. 89 Prozent der bayerischen Kliniken prognostizieren in 2023 ein Defizit, teilweise im zweistelligen Millionenbereich. „Es handelt sich demnach um ein Thema, das nicht speziell Freyung-Grafenau betrifft, sondern ganz Bayern. Die bayerischen Landräte setzen sich für den Erhalt einer bürgernahen, bedarfsgerechten und bezahlbaren medizinischen Versorgung ein. Auch ich werde mich weiterhin vor Ort und überregional mit allen Möglichkeiten dafür einsetzen, dass es zu keiner Benachteiligung der ländlichen Räume kommt“, sagte Landrat Sebastian Gruber, zugleich Dritter Vizepräsident des Bayerischen Landkreistags und niederbayerischer Bezirksvorsitzender.

„Die Lage vieler Krankenhäuser und ihrer Träger ist dramatisch und existenzbedrohend. Weder die Krankenhäuser noch deren Träger stehen aber dafür in der Verantwortung. Die Kosten-Erlös-Schere geht immer weiter auseinander, u. a. weil die Tarifsteigerungen von den Kassen nicht vollumfänglich refinanziert werden. Hinzu kommen gestiegene Inflations- und Energiekosten. Die Träger brauchen eine vollständige Refinanzierung der Betriebskosten. Der Bayerische Landkreistag fordert deswegen eine sofortige und auskömmliche finanzielle Unterstützung des Bundes, nur so können Insolvenzen verhindert werden“, so Landrat Gruber. „Obwohl unsere Kliniken ihr Bestes geben, gibt es derzeit keine Kompensation, die den Erlösausfall deckt. Diese Unterfinanzierung setzt vor allem den ländlichen Raum extrem unter Druck“, so Geschäftsführer Plaschke. „Aktuell lässt der Bund die Krankenhäuser am ausgestreckten Arm verhungern. Statt eine Krankenhausreform zu diskutieren, ist es aktuell angebrachter und dringender, ein bundesweites Nothilfeprogramm für existenzbedrohte Krankenhäuser aufzulegen. Ansonsten tritt ein kalter Strukturwandel ein. Der Bund muss handeln“, so Landrat Gruber.

Übersicht der Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses Kliniken am Goldenen Steig gGmbH:

2020: + 0,8 Mio. EUR (80,8 Mio. EUR Erlöse, 52,3 Mio. EUR Personalkosten bei 1.045 Beschäftigten*, 27,7 Mio. EUR Sachkosten)

2021: + 0,2 Mio. EUR (82,2 Mio. EUR Erlöse, 55,5 Mio. EUR Personalkosten bei 1.155 Beschäftigten*, 26,5 Mio. EUR Sachkosten)

2022: + 0,5 Mio. EUR (88,2 Mio. EUR Erlöse, 60,6 Mio. EUR Personalkosten bei 1.195 Beschäftigten*, 27,1 Mio. EUR Sachkosten)

2023 Hochrechnung: -4,7 Mio. EUR (85,8 Mio. EUR Erlöse, 66,6 Mio. EUR Personalkosten bei 1.200 Beschäftigten*, 23,9 Mio. EUR Sachkosten)

*Aufbau der Personalstärke durch das Pflegebudget seit 2020 vollständig refinanziert.

Im Kreistag herrscht großer Konsens darüber, dass weiterhin die bestmögliche Grund- und Regelversorgung für die Bevölkerung durch den Landkreis als alleiniger Träger gewährleistet wird. Hier fraktionsübergreifend gemeinsam mit der Verwaltung des Landkreises und den Verantwortlichen der Kliniken gGmbH sehr gut zusammengearbeitet.
Fotos: Landratsamt Freyung-Grafenau

Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender Sebastian Gruber (l.) und Kliniken-Geschäftsführer Marcus Plaschke (3. v. l., hier grade während seiner Ausführung zur wirtschaftlichen Situation) informierten gemeinsam mit dem ärztlichen Direktor Dr. Thomas Motzek-Noé (r.) und dem Kreiskämmerer Michael Atzinger (2. v. l.) von Seiten der Verwaltung über die wirtschaftliche Lage.
Fotos: Landratsamt Freyung-Grafenau


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