Positive Bilanz für Regionalmanagement-Veranstaltung „Wege nach dem Abitur“

Rein rechnerisch beginnen vier von fünf Abiturientinnen und Abiturienten unmittelbar nach Abschluss des Gymnasiums ein Studium. Das bedeutet für den Landkreis Freyung-Grafenau, dass jedes Jahr mehrere Dutzend gut ausgebildete junge Menschen die Region – zumindest vorübergehend – verlassen.

Gepaart mit der Tatsache, dass bei historisch niedrigen Arbeitslosenquoten, die teils unter zwei Prozent liegen, Betriebe und Unternehmen in der Region händeringend nach qualifiziertem Fachkräftenachwuchs suchen, entsteht damit Handlungsbedarf im Bereich der beruflichen Orientierung an den Gymnasien.

So hat das Regionalmanagement Freyung-Grafenau in Kooperation mit den Oberstufenkoordinatoren am Johannes-Gutenberg-Gymnasium in Waldkirchen unter dem Titel „Wege nach dem Abitur“ ein Veranstaltungsformat kreiert, das den Schülerinnen und Schülern vor dem anstehenden Abitur mögliche Alternativen zur sofortigen Aufnahme eines Hochschulstudiums aufzeigen soll.

Regionalmanager Stefan Schuster möchte so gemeinsam mit den Projektpartnern unter anderem dazu beitragen, das Bewusstsein für die Wertigkeit einer beruflichen Ausbildung beispielsweise im Handwerk zu stärken und die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten auch dazu bringen, darüber aktiv nachzudenken, ob ein Hochschulstudium automatisch der richtige und vor allem auch zielführende Weg ist.

Konkret haben bei „Wege nach dem Abitur“ unter anderem gerade eben Handwerker mit Abitur den rund 180 Schülerinnen und Schülern der Q 11 aller drei Gymnasien im Landkreis Freyung-Grafenau ihren beruflichen Werdegang und speziell auch die Beweggründe für die Wahl einer sogenannten dualen Ausbildung erläutert.

So hat beispielsweise Tobias Ludwig, der selbst vor wenigen Jahren sein Abitur in Freyung absolviert hatte, den Schülerinnen und Schülern erklärt, warum er sich für eine Ausbildung zum Schreiner entschieden hat. Darüber hinaus skizzierte Ludwig seine weitere berufliche Entwicklung von der Meisterausbildung bis hin zum Lehramtsstudium für Berufsschule, das er aktuell in München absolviert. Im engagierten Vortrag von Tobias Ludwig war zu spüren, dass er für seinen Beruf förmlich „brennt“ und die Beschäftigung mit dem Werkstoff Holz mehr ist als „nur“ der Beruf, über den man seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Im Bereich „Holz“ aktiv ist auch Lena Knaus. Die junge Frau, die ebenfalls eine Schreinerlehre in einem Betrieb in der Region absolviert und das Staatliche Berufliche Schulzentrum in Waldkirchen besucht, veranschaulichte den Schülerinnen und Schülern die Vielseitigkeit, die eine Ausbildung im Handwerk bietet, und erzählte auch von ihren Plänen, die sie für die Zeit nach der Ausbildung hat. Lena Knaus möchte gerne Innenarchitektur studieren. Die „Klammer“ um die Holz-Vorträge lieferte Michael Anderle, Abteilungsleiter für den Bereich „Holz“ an der Berufsschule Waldkirchen, der ebenfalls eine Lanze für die duale Ausbildung als solche gebrochen hat. Nach wie vor sei die klassische Lehre ein perfektes Fundament für eine gute berufliche Entwicklung.

Ebenfalls als Handwerkerin im eigentlichen Sinne bezeichnet sich eine der weiteren Referentinnen bei „Wege nach dem Abitur“. Michelle Kurzer hatte sich nach ihrem Abitur dazu entschlossen, das zu machen, was ihr am meisten liegt und ihr Spaß bereitet: Sie ging zur Bundeswehr und absolvierte eine Kochlehre. Heute arbeitet Michelle Kurzer in einem Landhotel in der Region und kocht auf höchstem Niveau. In ihrem Vortrag beschäftigte sich die junge Frau mit den Beweggründen für ihre Berufswahl und räumte mit den Klischees in der Gastronomie auf. Ihre Arbeit sei kreativ, erfüllend aber gleichzeitig auch fordernd, sodass sie von sich behaupten könne, ihren beruflichen Weg gefunden zu haben, so Kurzer.

Regionalmanager Schuster sieht gerade in diesem Beispiel die Bestätigung dafür, dass auch über eine solide, gute Ausbildung im Handwerk ganz individuell erfolgreiche Karrierewege möglich sind.

Laut Schuster soll „Wege nach dem Abitur“ kein grundsätzliches Plädoyer gegen ein Studium oder gar gegen den Blick über den Tellerrand der Region hinaus sein: „Für junge Menschen ist es wichtig, persönliche Erfahrungen zu sammeln und diese zielgerichtet einzuordnen. Dazu können auch Auslandsaufendhalte gehören - beispielsweise stellen wir Modelle wie Au-pair oder Freiwilligendienst im Ausland im Rahmen der Veranstaltung vor. Wichtig ist dem Regionalmanagement, dazu beizutragen, das Bewusstsein dafür zu stärken, dass es neben dem klassischen Studium weitere Möglichkeiten gibt und dass gerade auch Betriebe und Unternehmen in der Region sehr gute Gelegenheiten bieten, sich beruflich zu entwickeln.“

Ihr Au-pair-Aufenthalt habe vor allem dazu beigetragen, ihren Horizont zu erweitern, Lebenserfahrung zu sammeln und ein anderes Land aus nächster Nähe kennenzulernen, so Alina Rippl, die ein halbes Jahr lang die Kinder einer Familie auf Island betreut hat. Gleichzeitig habe über den Auslandsaufenthalt natürlich auch ihr Selbstbewusstsein zugenommen, so die junge Freyung-Grafenauerin.

Ökologisches Engagement auf freiwilliger Basis stand im Vortrag von Lina Bernert im Mittelpunkt. Die junge Frau, die aus Nördlingen in Schwaben kommt, leistet aktuell beim Nationalpark Bayerischer Wald ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) ab. Auch sie hat es verstanden, auf beeindruckende Weise dazustellen, wie wichtig es für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit sein kann, sich entsprechend zu engagieren. Gleichzeitig könne der Freiwilligendienst auch wertvolle Impulse und Vorteile für ein geplantes Studium liefern, so die junge „FÖJ-lerin“.

„Wege nach dem Abitur“ ist eines von insgesamt drei Veranstaltungsformaten, die vom Regionalmanagement Freyung-Grafenau speziell für die Schülerinnen und Schüler der Landkreis-Gymnasien angeboten werden. Bei der Arbeit mit den Gymnasien geht es dem Regionalmanagement vor allem darum, den Fokus der angehenden Abiturienten auf berufliche Chancen in der Region zu richten und – sollte ein Studium die Variante sein, für die sich die jungen Menschen entscheiden – darauf hinzuweisen, dass nach Abschluss der Ausbildung eine Rückkehr in die Region immer eine gute Alternative darstellt.

Bild 1: Schreinermeister und Student Tobias Ludwig mit einem authentischen Appell zur Wertigkeit einer Ausbildung im Handwerk.

Bild 2: Hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht: Abiturientin Michelle Kurzer hat nach der Schule eine Ausbildung als Köchin absolviert und schwärmt noch heute für ihren Beruf.

Bild 3: Alina Rippl aus Freyung stürzte sich ins Abenteuer Au-pair auf Island und sagt: „Das hat mir echt etwas fürs Leben gebracht!“

Bild 4: Lina Bernert leistet aktuell beim Nationalpark Bayerischer Wald ein Freiwilliges Ökologisches Jahr und sieht den Dienst als ideale Vorbereitung auf ein Studium.
(Foto: Landratsamt Freyung-Grafenau)


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