Pflegeeltern im Landkreis informieren sich über WhatsApp, Handy-Games und Medienabhängigkeit

Fortbildungsveranstaltung für Pflegeeltern durch das Kreisjugendamt Freyung-Grafenau

Das Pflegeelternteam des Kreisjugendamtes Freyung-Grafenau hat aktive Pflegeeltern und Pflegeelternbewerber zu einer Fortbildung zum Thema „Warum Kinder und Jugendliche so gerne online sind und wie eine Sucht entstehen kann“ in den großen Sitzungssaal des Landratsamtes Freyung-Grafenau eingeladen. Für Pflegeelternbewerber wurde die Fortbildung als Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen der Pflegeelternvorbereitung anerkannt. Als Referent konnte der Hohenauer Buchautor sowie Medien- und Kommunikationswissenschaftler Dr. Frederik Weinert gewonnen werden.

Nach der Begrüßung durch den Leiter des Sozialpädagogischen Dienstes des Jugendamts, Christopher Kessel, zeigte Medienexperte Dr. Frederik Weinert zum Einstieg die verschiedenen Online-Plattformen, sozialen Netzwerke und Streaming-Dienste auf, welche die Kinder und Jugendlichen derzeit vorrangig auf ihren Smartphones, Tablets und Computern verwenden. Schon hierbei wurde deutlich, dass die anwesenden Erwachsenen bekannte Messenger und Plattformen wie „WhatsApp“ und „Facebook“ benennen konnten, mit Diensten wie „Twitch“, „Snapchat“ oder „Lovoo“ hingegen noch nie Kontakt hatten. „Das zeigt, dass die Kinder und Jugendlichen, was Technik angeht, einen deutlichen Vorsprung im Vergleich zu den Eltern haben“, sagte Dr. Weinert mit Blick auf die Wichtigkeit des Themas, um die jungen Menschen in Sachen Mediennutzung besser verstehen zu können.
Dr. Frederik Weinert referierte über Ursachen und Gründe, weshalb das Smartphone mittlerweile das soziale Hauptkommunikationsmittel der Teenager ist. Gleichzeitig verwies der Medien- und Kommunikationswissenschaftler auf die Gefahren, die online beispielsweise in Form von Gewaltvideos oder Pornografie, vorrangig im sogenannten „Darknet“, lauern. Weinert zeigte auf, wie einfach sich Jugendliche Zugang zu risikobehafteten Online-Plattformen verschaffen können. „Medienkompetenz und Aufklärung helfen, dass die Kinder und Jugendlichen Risiken und Gefahren im Internet eigenständig erkennen. Es ist das Ziel, dass junge Menschen, aber auch Senioren, digitale Mündigkeit erlangen, um die Zeit mit dem Smartphone jederzeit genießen zu können“, sagte Weinert.
Zum Abschluss klärte Dr. Weinert noch über die Gefahren von „Pay to win“-Spielen (Games, die Echtgeldeinzahlungen erfordern), „In-App-Käufen“ (Echtgeldeinzahlungen in Smartphone-Apps) und „Lootboxen“ (virtuelle Truhen) auf. „Lootboxen sind käuflich erwerbbare virtuelle Behälter in Games wie „FIFA“ oder „Call of Duty“, die eine zufällige Sammlung bestimmter Items, zum Beispiel Boosts, Waffen und spezielle mächtige Gegenstände, enthalten“, erklärte Weinert. Hier würden laut Dr. Frederik Weinert Glücksspielmechaniken erkennbar sein, wodurch eine Abhängigkeit entstehen könne, „die oft mit sozialer Isolation und erhöhten Geldausgaben verbunden ist“, so Weinert. YouTube-Stars und Twitch-Streamer, die zu den sogenannten Influencern gehören, würden hierzu beitragen, „weil Lootboxen feierlich mit Videokamera live im Internet geöffnet werden, wodurch eine Gruppendynamik mit Nachahmeffekt entsteht“, erklärte Weinert.

Wie unterschiedlich die Herangehensweisen der Erziehenden beim Thema digitale Medien und wie groß diesbezüglich auch die Unsicherheiten sind, wurde in der abschließenden Frage- und Diskussionsrunde ebenso ersichtlich wie die Aktualität des Themas. Zwischen den Gefahren der virtuellen Welt, wie Cybermobbing, Gewalt oder Sucht, und der Unsicherheit, dass Kinder und Jugendliche bei zu vielen Restriktionen oder Verboten ausgeschlossen oder gar medial abgehängt werden, müssen alle Erziehenden einen großen Spagat leisten.
„Der digitale Wandel ist nicht aufzuhalten, bietet uns allen aber trotz der Gefahren auch viele Chancen“, resümierte Christopher Kessel. „Diese können wir als Gesellschaft aber nur dann nutzen, wenn wir unsere Kinder mit Bedacht an die Materie heranführen, damit sie medienkompetent werden. Ohne diese Medienerziehung und -betreuung überwiegen jedoch die Risiken. Deshalb war dieser Abend sehr wichtig“, sagte Kessel.

Durch die rundum gelungene Veranstaltung konnte den Pflegeeltern mehr Sicherheit im Umgang mit der digitalen Welt vermittelt und gleichzeitig Platz für einen wertvollen Erfahrungsaustausch gegeben werden.

Bei Interesse für ein Pflegekind sind Anfragen beim Pflegekinder-Fachteam im Kreisjugendamt Freyung-Grafenau unter den Telefonnummern 08551 57-2002 oder 57-2017 möglich.

Sind sich alle einig, dass Medienkompetenz und Medienbildung wichtig sind (v. l.): Christopher Kessel (Leitung Sozialpädagogischer Dienst), Maria Boxleitner (Sozialpädagogischer Dienst), Julia Herzig (Pflegeelternteam Kreisjugendamt), Referent und Buchautor Dr. Frederik Weinert, Annemarie Wilhelm, Stefan Steininger (beide Pflegeelternteam) und Alicia Dey (Sozialpädagogischer Dienst).
(Foto: Landratsamt Freyung-Grafenau)


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