Mit seinem Schreiben vom 19. Februar 2021 hat Landrat Sebastian Gruber damals im Nachgang zur Videokonferenz mit der Bundeskanzlerin und dem Ministerpräsidenten auf die besondere Situation der Grenz-Landkreise aufmerksam gemacht. Der Freyung-Grafenauer Landrat freut sich, dass sowohl der Bund als auch der Freistaat auf die Grenzregionen ein besonderes Augenmerk legen und unsere „Puffer-Situation“ u.a. beim Thema Impfungen berücksichtigen. Die Zuweisung von zusätzlichem Impfstoff ist für uns vor Ort ein wichtiger und wirkungsvoller Beitrag zur schnelleren Immunisierung und somit zur Eindämmung der Pandemie.
Nun schreibt Landrat Sebastian Gruber nochmals an Ministerpräsident Söder. Anlass ist die Ankündigung des Freistaats für ein Modellprojekt zur Öffnung des öffentlichen Lebens nach den Osterferien.
Sebastian Gruber bedankt sich in seinem aktuellen Schreiben eingangs bei Ministerpräsident Markus Söder für sein offenes Ohr bzgl. eines Vorstoßes aus Niederbayern hinsichtlich der Pilotstudie „Sichere Schule im ländlichen Raum“. „Hier sind wir aktuell in guten Gesprächen mit den Verantwortlichen. Auch bei diesem Projekt geht es nicht um „wilde Öffnungen“, sondern um größtmögliche Sicherheit für die gesamte Schulfamilie, mit enger medizinischer und wissenschaftlicher Begleitung“, so Landrat Gruber.
Wie dem gestrigen Bericht aus der Kabinettssitzung zu entnehmen ist, sollen nach den Osterferien im Rahmen von Modellprojekten drei Städte mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept für die Dauer von 14 Tagen einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen, um die Umsetzbarkeit von Öffnungsschritten unter Nutzung insbesondere eines konsequenten Testregimes zu untersuchen. Uns sind weder der genaue Umfang des Modellprojekts bzw. die Auswahlkriterien an sich bekannt, noch ob es sich ausschließlich um Städte oder ganze Landkreise handeln
soll. Unabhängig davon gehen wir davon aus, dass es eine ausgewogene Entscheidung wird, bei dem auch ländliche Räume berücksichtigt werden.
In Anerkennung der Besonderheiten aller anderen Regionen bittet Landrat Gruber in seinem aktuellen Schreiben nun den Ministerpräsidenten, den Landkreis Freyung-Grafenau bei diesen Modellprojekten zu berücksichtigen und begründet dies mit folgenden Argumenten:
„Der Landkreis Freyung-Grafenau befindet sich im Dreiländereck zur Tschechischen Republik und zu Österreich. Bedingt durch die zwei Grenzen und den damit verbundenen, pandemiebedingten Einschränkungen war und ist unser Landkreis mit ganz besonderen Herausforderungen konfrontiert. Seit Pandemie-Beginn gab es verschiedene Szenarien hinsichtlich Grenzkontrollen, teilweise ja sogar Schließungen zu Österreich, die in allen Bereichen deutliche Spuren hinterlassen haben.
Im Landkreis Freyung-Grafenau haben wir im niederbayerischen, wohl auch im bayerischen Vergleich, bereits aktuell eine sehr hohe Testdichte, auch unter Abzug der Testungen bei Grenzpendlern. Unsere Bevölkerung nimmt also diese Angebote bereits in den letzten Wochen und Monaten intensiv und verantwortungsvoll in Anspruch. Die Folge daraus ist, dass die Dunkelziffer hinsichtlich des tatsächlichen Infektionsgeschehens im Landkreis nach meiner Einschätzung gering ist.
Wir haben bereits Schnelltestangebote in unseren drei Städten Freyung, Grafenau und Waldkirchen etabliert. Zudem haben wir ein umfangreiches Testangebot in Philippsreut geschaffen. Daher ist ein konsequentes Testregime für uns vor Ort schnell und ohne großen, zusätzlichen Aufwand umsetzbar.
Genauso wie in den meisten ländlichen Landkreisen, so stellt sich auch die Situation im Landkreis Freyung-Grafenau dar. Es handelt sich vor Ort um verhältnismäßig kleine Städte, in denen durch die Öffnung vergleichsweise wenig Frequenz im öffentlichen Raum erzeugt wird. Mit wenigen Ausnahmen sind auch die Geschäfte an sich keine riesigen Einkaufszentren.
Unsere Einzelhändler und Gastronomen/Hoteliers vor Ort sind zum großen Teil hoch anerkannte, mittelständische Familienunternehmen, teilweise mit jahrzehntelanger Tradition. Die Lage ist psychisch und wirtschaftlich sehr angespannt. Es geht um Existenzen sowie Arbeitsplätze und somit um die Zukunftsfähigkeit der Region“.
„Aus diesen zahlreichen Gründen begrüße ich dieses Modellprojekt sehr und hoffe, dass damit Öffnungen für verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens wieder möglich werden“, so Sebastian Gruber.
Es ist für den ländlichen Raum existenziell, dass Aufenthaltsqualität, Leben und Konsum in unseren Städten, Märkten und Gemeinden nicht verschwinden. Unsere kleinen, aber feinen Ortskerne zeichnet in der Regel ein Mix aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung und gesellschaftlichem sowie kulturellem Leben aus. Mitunter durch erheblicher Unterstützung des Freistaats Bayern ist es den Kommunen in den letzten Jahren gelungen, diese Qualität und diesen Standard zu schaffen. Eine Wiederbelebung von Innenstädten und Ortskernen ist generell eine Mammutaufgabe, im ländlichen Raum aber noch schwieriger als in größeren Städten.
Namens des Landkreises Freyung-Grafenau, aber auch persönlich, bittet Landrat Sebastian Gruber den Ministerpräsidenten in seinem Brief um Berücksichtigung beim Modellprojekt und dankt ihm für seine bisherige Unterstützung.