Finanzierungsreform des ÖPNV: Landkreise tragen ab 1. Januar 2024 mehr Verantwortung

Niederbayerische Landräte sind sich einig, dass die Finanzierung gesichert und fair sein muss

Am 24. Juli 2023 hat der Bayerische Landtag das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern und weiterer Rechtsvorschriften beschlossen. Es handelt sich um eine Finanzierungsreform des allgemeinen ÖPNV (öffentlicher Personennahverkehr), wodurch vor allem der Ausbildungsverkehr betroffen ist, z.B. die Beförderung von Schülern, Auszubildenden und Studenten. Konkret handelt es sich um die Kommunalisierung des § 45a PBefG (Personenbeförderungsgesetz). Das PBefG regelt, unter welchen Voraussetzungen gewerbsmäßig Fahrgäste u.a. mit Bussen befördert werden dürfen. Die Reform wird zum 1. Januar 2024 in Kraft treten und neue Herausforderungen mit sich bringen. Das Thema wurde nun in eine Videotagung des Bayerischen Landkreistags Bezirksverband Niederbayern besprochen. Neben den niederbayerischen Landräten, ÖPNV-Verantwortlichen der Landkreise hat auch Dr. Josef Rott, Abteilungsleiter im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, als Gesprächspartner teilgenommen.

In Bayern sind die Landkreise und kreisfreien Städte Aufgabenträger für den straßengebundenen ÖPNV, also für den Busverkehr. Dem Landkreis Freyung-Grafenau kommt eine besondere Verantwortung zu, seitdem der Schülerverkehr in den ÖPNV integriert wurde. Gerade der Ausbildungsverkehr ist, auch aufgrund der zuverlässigen Zusammenarbeit mit den Busunternehmen in der Region, niederbayernweit sehr gut eingespielt. Die niederbayerischen Landräte rechnen deshalb mit neuen und vor allem finanziellen Herausforderungen, die durch die Reform entstehen.

Bisher hatten die Verkehrsunternehmer gegenüber dem Freistaat zur Sicherstellung des Ausbildungsverkehrs einen Ausgleichsanspruch, der einen wesentlichen Teil der Beförderungskosten abdeckte. Mit der Neuregelung entfällt dieser Unternehmeranspruch gegenüber dem Freistaat Bayern, der unmittelbar zwischen Bezirksregierungen und Verkehrsunternehmen abgerechnet wurde. Für alle beteiligten Verkehrsunternehmen wird der Mittelfluss neu geordnet. Mit der Gesetzesänderung ab 1. Januar 2024 werden die Landkreise als ÖPNV-Aufgabenträger verpflichtet, den Ausbildungsverkehr im ÖPNV sicherzustellen. Vorbehaltlich der Haushaltsaufstellung erhalten sie hierfür vom Freistaat Bayern zweckgebundene Finanzhilfen. Zur Sicherstellung des Ausbildungsverkehrs sind die Landkreise dann verpflichtet, die Finanzhilfen an die Verkehrsunternehmen weiterreichen.

„Die niederbayerischen Landräte sehen einen akuten Handlungsbedarf, weil die neuen Herausforderungen ab 2024 sowohl für die Aufgabenträger als auch die Verkehrsunternehmen enorm sind. Darüber ist die Mittelverteilung durch den Freistaat zwar wichtig und gesichert. Beim Verteilmaßstab muss gesichert sein, dass es zu keiner Benachteiligung einzelner Regionen kommt. Es bedarf daher dauerhaft zusätzlicher Mittel, um einen fairen Ausgleich zu schaffen“, so Sebastian Gruber, Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau und Vorsitzender des Bezirksverbandes Niederbayern im Bayerischen Landkreistag. Denn dass das bisherige System höchst eingespielt war, darin waren sich alle Landräte aus Niederbayern einig. „Allzu glücklich sind wir mit der Gesetzesänderung derzeit nicht“, so Sebastian Gruber, der auch Dritter Vizepräsident des Bayerischen Landkreistags ist. „Es handelt sich um eine bayernweite Thematik. Umso wichtiger ist es, dass alle Unsicherheiten schnell und zügig ausgeräumt werden“, fordert Gruber. „Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr unterstützt die Aufgabenträger bei der Bewältigung der anstehenden Änderungen. Wir freuen uns auf einen weiteren konstruktiven Dialog“, versprach Dr. Josef Rott den niederbayerischen Landräten und ÖPNV-Verantwortlichen.

Damit die Reform gelingt, wird Planungssicherheit benötigt. Kurzum: Die Aufgabenträger müssen Klarheit über die zur Verfügung stehenden Mittel haben, bevor sie gegenüber den Verkehrsunternehmen Verpflichtungen eingehen können. „Deswegen muss die Mittelbereitstellung ähnlich wie im Regionalisierungsgesetz im Voraus für einen längeren Zeitraum abgesichert werden“, so Landrat Sebastian Gruber. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass trotz steigender Kosten im ÖPNV die Ausgleichsmittel seit über 10 Jahren nicht mehr erhöht wurden. Sebastian Gruber: „Es bedarf daher dauerhaft zusätzlicher Mittel, um einen fairen Ausgleich zu schaffen.“ Einig sind sich die niederbayerischen Landräte, dass sich bestehende und genehmigte Verkehre nur aufrechterhalten lassen, wenn die bereits einkalkulierten Ausgleichszahlungen auch tatsächlich fließen. Grundlage dafür sei, dass die Mitteilverteilung für 2024 überprüft und ggf. korrigiert wird. Besonders ab 2025 sei ein transparentes Verfahren sinnvoll, indem Probeberechnungen in Abstimmung mit den Aufgabenträgern, also beispielsweise den Landkreisen in Niederbayern, erfolgen.
Trotz der deutlichen Herausforderungen, die bislang noch bestehen, sind sich die niederbayerischen Landräte einig: „Wir gehen mit und versprechen volle Unterstützung.“ Die Zusammenarbeit mit der Staatsregierung funktioniert in jedem Fall. Aus diesem Grund wurde eine Arbeitsgruppe im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr etabliert, die sich mit der konkreten Umsetzung der Gesetzesänderung befasst und einen Leitfaden für die Aufgabenträger sowie entsprechende Muster erarbeiten soll. Alles Weitere wird dann ab dem 1. Januar 2024 ersichtlich.


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