Die „wilden Jahre“ – Nicht nur eine Herausforderung für Pflegeeltern

Am Freitag, den 25.09.2020 fand im großen Sitzungssaal im Landratsamt Freyung-Grafenau auf Einladung des Pflegeelternteams der Informationsvortrag zum Thema „Pubertät und Persönlichkeitsentwicklung“ für die aktiven Pflegeeltern statt. Der Leiter des Kreisjugendamtes Freyung-Grafenau, Herbert Pilger begrüßte neben einigen Pflegeelternbewerbern auch aktive Pflegeeltern. Für den Informationsvortrag konnte Frau Kathrin Florian, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin der Praxis im Ilztal in Hutthurm, gewonnen werden.

Frau Florian ging bei ihrem Vortrag auf die körperlichen und psychischen Veränderungen beim Erwachsenwerden ein. Die Aktivierung des Gens KiSS1 gilt als Startschuss für die Pubertät und den Beginn der sogenannten „wilden Jahre“ mit Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten, mangelnder Impulskontrolle, Albträumen, Antriebslosigkeit, mangelnder Empathiefähigkeit, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Bewertungsängsten, erhöhtem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Rückzugsverhalten. Diese psychischen Veränderungen treten zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr bei jedem Jugendlichen mehr oder weniger stark ausgeprägt auf.

Eine besondere Herausforderung bringt die Pubertät für Adoptiv- und Pflegeeltern mit sich, weil bei Pflegekindern oftmals eine Bindungsstörung vorliegt. In der Pubertät ist die Identitätsfindung und Persönlichkeitsentwicklung eine wichtige Entwicklungsaufgabe. Insbesondere als Adoptivkind und teilweise auch als Pflegekind ist die Suche nach der eigenen Persönlichkeit und Herkunft eine noch größere Herausforderung als für leibliche Kinder. Trotz allem ist die Auseinandersetzung mit seiner Ursprungsfamilie ein wichtiger Bestandteil der Identitätsfindung und Persönlichkeitsentwicklung von Pflege- und Adoptivkindern. Dabei sollen die Pflegeeltern begleitet werden, um ihr Pflegekind positiv, stärkend und wertschätzend bei der Suche nach den leiblichen Eltern unterstützen zu können.

Die Pubertät ist nicht nur eine Herausforderung für Pflegeeltern, sondern beschäftigt manchmal mehr oder weniger auch leibliche Eltern. Eine ablehnende Haltung des pubertären Jugendlichen ist normal, weil es mit seiner Selbstfindung und Ablösung beschäftigt ist. Ansatzpunkte für die Problembewältigung sind Gespräche mit Ihrem Kind, der Schule, dem schulpsychologischen Dienst, dem Sozialpädagogischen Dienst beim Jugendamt, der Erziehungs-, Jugend-, Familienberatung und eventuell der psychosozialen Beratungsstelle. Manchmal kann auch eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich werden.

Trotz eventuell auftretender Probleme sollten Eltern, Adoptiv- und Pflegeeltern gelassen bleiben und Angriffe nicht persönlich nehmen. Es hilft, sich der eigenen Werte bewusst zu werden, trotzdem aber konsequent zu bleiben. Freiräume zur Exploration und zugleich angemessene Grenzsetzung durch die Bindungspersonen sind wichtig für die Autonomieentwicklung des Jugendlichen.

Bei Interesse zum Thema „Pflegekind“ können Sie sich an das Kreisjugendamt Freyung-Grafenau wenden, entweder an Frau Sandra Holzbauer (Tel.-Nr.: 08551 57-313), oder Frau Manuela Schwarz (Tel.-Nr.: 08551 57-317).

Bild (von links): Schwarz Manuela (Pflegeelternteam), Florian Kathrin (Referentin), Wilhelm Annemarie (Pflegeelternteam)
(Foto: Landratsamt Freyung-Grafenau)


Zurück